Die Ukraine-Krise und die Börse

Der Blick nach Osten beunruhigt aktuell viele Anleger. Die Ukrainekrise könnte sich weiter zuspitzen. Das Referendum für die Abspaltung von Regionen im Osten der Ukraine deutet jedenfalls darauf hin. In der Region Donezk sollen nach Angaben der prorussischen Separatisten 89 Prozent für die Abspaltung von der Ukraine gestimmt haben. Nur zehn Prozent der Teilnehmer hätten dagegen votiert, sagte der Chef der selbsternannten Wahlkommission, Roman Ljagin, am Sonntagabend.


Die Wahlbeteiligung liege bei 75 Prozent. Auch wenn solche Aussagen nicht nachprüfbar sind und diese „Wahl“ generell wie von europäischen und amerikanischen Regierungen häufig angemerkt generell eine Farce sei, zeugen sie doch von der explosiven Stimmung in der Ukraine. Vor allem eine deutliche Verschärfung der Sanktionen gegen Russland besorgt die Investoren. „Die Ukraine-Krise schwebt wie ein Damoklesschwert über den Finanzmärkten“, kommentierten die Strategen des Vermögensverwalters Allianz Global Investors.
Der internationalen Gemeinschaft drohen enorme Kosten, um die Ukraine zu unterstützen. Der IWF hatte der Ukraine bereits Finanzhilfe über 17 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt. „Die Ukraine braucht weitaus mehr als 17 Milliarden Dollar“, sagt Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) in einem Handelsblatt-Interview. „Zum Beispiel bilaterale Hilfen aus dem Ausland und Finanzhilfen von anderen internationalen Finanzinstitutionen. Die internationale Gemeinschaft hat da gar keine Wahl.“
Die Vorgaben für den Dax sind mau. Der Dow Jones schloss am Freitag auf einem Rekordhoch von 16.583 Punkten, doch auch er legte im Vergleich zu den Schlussständen von Ende April nur minimal zu. Der Nikkei notiert 0,2 Prozent im Minus bei 14.175 Punkten. Der Dax ging am Freitag mit 9581 Zählern aus dem Handel. Auf Wochensicht legte er damit 0,3 Prozent zu.
Angesichts der Unklarheit über die weitere Entwicklung in der Ukraine dürften auch die eigentlich positiven Impulse der jüngsten EZB-Sitzung verpuffen, sagte LBBW-Analyst Werner Bader. Zentralbank-Chef Mario Draghi hatte seine Bereitschaft bekräftigt, eine drohende Deflation - eine Spirale fallender Preise und rückläufiger Investitionen - zu bekämpfen. Viele Anleger setzen nun darauf, dass die EZB bei der nächsten Sitzung im Juni aktiv wird und ihre lockere Geldpolitik nochmals ausweitet. Das dürfte auch den Staatsanleihe-Emissionen von Frankreich und Italien heute helfen.
Fraglich ist, ob der anstehenden Flut an Firmen- und an Konjunkturzahlen der übliche Stellenwert beigemessen wird. Heute präsentieren DIC Asset, Deutsche Lufthansa, Commerz Real, QSC und Celesio Zahlen. Anleger mit internationalem Fokus achten auch auf die Ergebnisse von MBIA, Nissan Motor, UniCredit, Telecom Italia sowie Air France KLM.
Doch selbst wenn sich der Blick der Investoren wieder dem auf vollen Touren laufenden Quartalszahlenreigen zuwenden sollte, sehen Bankanalysten kaum Spielraum für weiter steigende Aktienkurse. Nachdem rund 80 Prozent der Firmen aus dem Dax ihre Zwischenberichte vorgelegt haben, sprechen die Analysten der Landesbank Hessen-Thüringen von einer "durchwachsenen Bilanz".
Gut die Hälfte der Ergebnisse sei hinter den Erwartungen der Analysten zurückgeblieben. Daher würden die Schätzungen für die Ergebnisse der kommenden zwölf Monate hinuntergeschraubt, was angesichts hoher Bewertungen eher für Kursverluste spreche, meinen die Experten.


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