China verschärft Druck auf Microsoft

Microsoft gerät in China in immer größere Bedrängnis. Seit Jahren ringt die Firma mit massenhaft illegal kopierter Windows-Software, und gerät nun immer stärker ins Visier von Chinas Kartellwächtern.


"Microsoft hat Informationen zur Verknüpfung von Windows und Office nicht vollständig bekanntgegeben", sagte der Chef der staatlichen Verwaltung für Handel und Industrie, Zhang Mao, bei einer Pressekonferenz in Peking. Bei den Untersuchungen gehe es um die Koppelung an Produkte zum Abspielen von Musik und Filmen sowie den Webbrowser Internet Explorer.
Ähnliche Vorwürfe erhoben bereits europäische und US-amerikanische Wettbewerbshüter vor mehr als zehn Jahren. Weil Microsoft sein Betriebssystem Windows im Paket mit Internet Explorer und dem Media Player angeboten hatte, verhängte die EU-Kommission eine Strafe von knapp 1,4 Milliarden Euro.
Obwohl Microsoft auf dem riesigen Markt nur unterdurchschnittliche Lizenzverkäufe verzeichnet, dominiert Windows wegen der hohen Raubkopierrate auch in China. Im Juli nutzen knapp 87 Prozent der Computer und Smartphones in der Volksrepublik beim Surfen das Betriebssystem von Microsoft. Die Hälfte der PCs läuft noch immer mit dem veralteten System Windows XP, wie der Branchendienst cnzz.com ausgerechnet hat. Android kommt auf 11,4 Prozent, Linux nur auf kümmerliche 0,1 Prozent.
Aber das soll sich ändern: Mit einer staatlich unterstützten Entwicklerallianz wollen Programmierer aus China ein eigenes Betriebssystem auf den Markt bringen. "China wird sein eigenes Betriebssystem im Oktober starten", sagte der Chef der Entwicklungsallianz, Ni Guangnan, kürzlich in einem Interview. Bislang sind jedoch nur wenige Details zu dem auf Linux basierenden System bekannt.
Im Jahr 2000 hatte es bereits einen ähnlichen Versuch mit dem Betriebssystem "Rote Fahne 2.0" gegeben. Allerdings konnte sich das ebenfalls auf Linux basierende System nicht in China durchsetzen.
Mit dem neuen Anlauf soll das chinesische System innerhalb der kommenden zwei Jahre Microsoft ablösen können, meint Ni. Kurz nachdem sich die Entwicklerallianz gegründet hatte, war der Einsatz von Windows 8 auf Behördencomputern in China im Mai verboten worden. Die amtliche Nachrichtenagentur nannte als Grund Sicherheitsbedenken, die westliche Technikexperten allerdings kaum nachvollziehen können.
Branchenbeobachter sind auch skeptisch, ob der massenhafte Schwenk auf ein anderes System überhaupt gelingen kann. "Es ist sehr schwierig, ein Betriebssystem abzulösen", sagte IT-Analyst Charlie Dai der Zeitung "China Daily". "Windows wird seit Jahren in allen möglichen Branchen eingesetzt", erklärte Dai. Ein Wechsel auf ein neues Betriebssystem verursache den Unternehmen hohe Kosten. Selbst wenn Unternehmen mit Windows nicht komplett zufrieden seien, müssten sie den enormen Aufwand für eine Umstellung genau einkalkulieren.
Der Branchenkenner Wang Jingwen formulierte es noch drastischer: "Die führende Position von Microsoft ist nahezu unumkehrbar." Der Experte der Beratungsfirma Canalys meinte gegenüber "China Daily": "Das Unternehmen hat ein gut etabliertes Ökosystem geschaffen."
Chinas Markt für Software legt rasant zu. Im vergangenen Jahr stieg das Geschäft mit Computerprogrammen um 23,4 Prozent im Jahresvergleich. Insgesamt wurden im Jahr 2013 nach Zahlen des nationalen Statistikamtes Software im Wert von drei Billionen Yuan (369 Milliarden Euro) verkauft.


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