13 07 2015

Euro-Länder einigen sich mit Tsipras

Die Euro-Länder und die griechische Regierung erreichen am Morgen eine Einigung, twittert EU-Ratspräsident Donald Tusk. Er schreibt: "Wir sind bereit für ein ESM-Programm für Griechenland mit ernsthaften Reformen und finanzieller Unterstützung."

In einem letzten Punkt leistete Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras bis in die Morgenstunden Widerstand. Es geht um den Treuhandfonds, den Deutschland als Sicherheit für die Gläubiger fordert. 50 Milliarden Euro schwer soll der Fonds nach Vorstellungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sein - für Tsipras völlig unakzeptabel. Das übersteige den privatisierbaren Staatsbesitz bei weitem, argumentiert er. Zahlen von 17 bis 20 Milliarden Euro kursieren als das Angebot, zu dem Tsipras bereit zu sein scheint. Bundeskanzlerin Angela Merkel aber ist das offenbar deutlich zu niedrig. Nach fast 17 Stunden Verhandlungen ist kein Ende in Sicht. Da haben die litauische Präsidentin Grybauskaite und der slowenische Ministerpräsident Cerar die Sitzung schon verlassen.
Um sechs Uhr morgens keimt Hoffnung im Ratsgebäude. "Unterbrechung für letzte Konsultationen", twittert der Regierungschef von Malta, Joseph Muscat. Zuvor hatten der französische Präsident Hollande, Kanzlerin Merkel, der griechische Premier Tsipras und EU-Ratspräsident Tusk über einen Kompromiss gesprochen, der von Tusk schließlich in der großen Runde der 19 Staats- und Regierungschefs präsentiert wird.
Immer wieder wurde zuvor der Gipfel der 19 Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone in der Nacht von Sonntag auf Montag für Gespräche in Kleingruppen unterbrochen. Im Zentrum standen dabei Angela Merkel, François Hollande, Alexis Tsipras und Donald Tusk. So oft kamen die vier zusammen, dass EU-Beamte am frühen Montagmorgen die Übersicht verloren, wie viele Treffen es schon gab. Klar ist aber: Entweder wird in diesem Kreis eine Lösung gefunden oder gar nicht.
Das Drama um Griechenland spielt längst nicht mehr nur in Athen und Brüssel, sondern in Berlin und Paris, Rom und Helsinki. Und ein wenig auch in der SPD. Es sorgt für tiefe Risse in Europa.
Auf ihre Drohung eines zeitweiligen "Grexits" verzichten die Euro-Partner Griechenlands. Das berichteten Diplomaten am frühen Montagmorgen. In einem Papier der Euro-Finanzminister war die Rede davon gewesen, dass Griechenland vorübergehend die Euro-Zone verlassen müsse, falls keine Einigung über ein Spar- und Reformpaket gelinge. Ein geplanter Privatisierungsfonds sei aber weiter im Gespräch, hieß es. Athen soll Vermögenswerte an diesen Treuhandfonds übertragen, damit dieser sie verkaufen und damit Schulden abtragen helfen kann.
Der von Finanzminister Schäuble geforderte Treuhandfonds hätte 50 Milliarden Euro Vermögen als Sicherheit für die Gläubiger vorgesehen. Die Griechen sind empört über diese Forderung. So viele griechische Vermögenswerte seien gar nicht aufzubringen, sagen sie. Selbst der Internationale Währungsfonds (IWF) spricht von maximal sieben Milliarden Euro.
Die frühere griechische Außenministerin Dora Bakoyannis hat im Parlament für Tsipras' Reformvorschläge gestimmt. Sie warnt davor, Griechenland fallen zu lassen.
Griechenlands Ministerpräsident Tsipras hatte in der Sitzung der Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder vier Kernforderungen gestellt:

Der deutsche "Grexit-auf-Zeit"-Vorschlag müsse vom Tisch.
Außerdem dürften von der Regierung Tsipras beschlossene Gesetze, die nicht mit den Geldgebern abgestimmt waren, nicht rückgängig gemacht werden.
Ferner sollen die griechischen Banken Nothilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) sofort in Anspruch nehmen dürfen, damit sie wieder öffnen könnten.
Zudem drängt er auf eine klarere Formulierung zur Schuldenerleichterung.
Die übrigen Euro-Staaten drängen Griechenland auf dem Gipfel in Brüssel, bis Mittwoch konkrete und weitreichende Reformen im Parlament zu beschließen. Erst danach könnten Verhandlungen über ein neues Kreditprogramm beginnen. Grundlage der Verhandlungen ist ein Papier der Euro-Finanzminister, wonach Athen Mehrwertsteuer-, Renten-, Justiz- und Finanzmarktreformen durchboxen soll. Außerdem soll Griechenland seine Wirtschaft und den Arbeitsmarkt noch stärker liberalisieren.
Die neuen Forderungen provozierten bereits Widerstand in der Athener Koalition. So schrieb Griechenlands Verteidigungsminister Panos Kammenos vom Koalitionspartner Anel auf Twitter: "Jetzt ist klar, dass sie uns vernichten wollen. Es ist genug."



Archive →